Corporate Influencer
Mitarbeitende als
Markenbotschafter
Immer mehr Unternehmen setzen auf Corporate Influencer. Ihre Mitarbeitenden sollen für das Unternehmen als Markenbotschafter fungieren – und das eigenständig auf ihren privaten Kanälen. Michael Lorenz (unser Geschäftsführer) und Michael Rassow-Kolodzeyski (Abteilungsleiter und Corporate Influencer bei Hays) sprechen über Corporate Influencer. Hier erfährst du nicht nur Theoretisches über Corporate Influencer, sondern auch, wie Mitarbeitende als Markenbotschafter bei Hays eingesetzt werden.
Michael Lorenz (ML) und Michael Rassow-Kolodzeyski (MR) im Interview:
Corporate Influencer Eigenschaften
ML: Michael, was zeichnet Corporate Influencer für dich aus?
MR: Menschen erfahren generell lieber Content von anderen Menschen. Denn diese Hochglanzbroschüren kann jedes Unternehmen machen, wobei dahinter relativ wenig Glaubwürdigkeit steckt. Dementsprechend kann man als Corporate Influencer die eigene Reichweite nutzen, um die Marken und diese Markenbotschaft – vom eigenen Unternehmen natürlich – unter den Followern und auf Social Media zu verbreiten. Ein sehr gutes Beispiel: SAP. Die Leute da sind einfach Corporate Influencer. Die verleihen einer Marke, einem Unternehmen ein vertrautes Gesicht, schaffen dadurch Vertrauen und auch eine starke Stimme.
Corporate Influencer werden
ML: Wie wird man denn Corporate Influencer bei Hays?
MR: Bei uns konnte man sich auf den Status Corporate Influencer bewerben – insgesamt 15 Positionen waren zu vergeben. Ich habe mich dann beworben, weil ich schon früh bei LinkedIn dabei war. Die Verantwortlichen bei uns wollen zum einen ein recht diverses Bild an Corporate Influencern haben, sodass du nicht alle aus derselben Abteilung hast, die sowieso dieselbe Meinung vertreten. Es soll einfach eine große Bandbreite abgedeckt werden. Wichtig ist, dass du am besten intrinsisch motiviert bist und schon eine gewisse Personality und Auftreten hast, um nicht erst ein Standing aufbauen zu müssen. Das Programm geht ein Jahr lang, dann wird die nächste Runde ausgeschrieben.
ML: Warum sagt ihr, es sind nur 15 Personen, die Hays als Corporate Influencer vertreten?
MR: Wir haben zwei Programmleiter, die sich hauptberuflich um das Thema kümmern. Da stecken sehr viel Arbeit und Knowhow drin. Die Corporate Influencer werden inhaltlich aufgesetzt, es gibt Einzelcoaching und Gruppencoaching, sodass du auch das Lernen insgesamt förderst und verbreitest. Das geht nicht für alle.
ML: Das Programm läuft ein Jahr, danach kommen die nächsten 15 Corporate Influencer. Bist du dann eingeschränkt in deinem Freiraum auf LinkedIn?
MR: Ich bin dann auch in der nächsten Runde wieder dabei ist. So haben wir es beispielsweise, glaube ich, auch mit zwei oder drei Corporate Influencern aus dem letzten Jahr gemacht. Die sind noch weiterhin im Programm. Danach bist du fit, um das Ganze allein zu machen. Bis dahin hast du auch eine starke Brand selber aufgebaut.
Unterstützung durch Programmleiter
ML: Diese Maßnahme ist ja auch ein ordentlicher, zeitlicher Invest. Das haben auch noch nicht alle Unternehmen erkannt. An welchen Stellen helfen euch die Programmleiter?
MR: In den ersten Sessions wird natürlich geschaut, dass du dein Profil richtig formatierst, dass alles passt und stimmig ist. Es wird ein Video gemacht, indem du dich selbst vorstellen kannst, bis hin zu zur Anregung, was man posten kann, ohne direkt alles vorzugeben. Denn wenn du einen Post vorgibst, dann wirkt es wiederum nicht mehr authentisch. Du willst ja die Authentizität.
Deswegen musst du einen gewissen Gestaltungsfreiraum haben. Es gibt Seminare, was Hass und Hetze im Netz angeht. Bisher habe ich persönlich das zum Glück noch nicht erfahren müssen. Aber die Dinge, die ich da gelesen habe, können einen echt schon berühren. Bei dem einen oder anderen kommen dabei auch wirklich die Tränen in die Augen.
Content
ML: Du hast eben auch schon gesagt, der Content kommt dann natürlich besonders gut an, wenn er authentisch ist.
MR: Ja, genau. Was man sich trotzdem klarmachen muss: Du bist mit dem Account von Hays da draußen tätig. Also: Guck wirklich, dass du da nichts Böses veranlasst. Social Media Guidelines sind die Orientierungshilfe dahingehend, was geht und was nicht. Im Endeffekt ist das der Anfang der Wertschöpfung. Denn diese Orientierungshilfe greift und wird mit deinen Posts auch transportiert. Vor zehn Jahren war das die Kommunikationsabteilung. Natürlich ist das jetzt nicht nur die Kommunikationsabteilung, sondern eben auch die Mitarbeiter, die sich mit dem Unternehmen identifizieren und außerhalb tätig sind.
ML: Okay, also du sagst, es gibt ein paar Vorgaben. Aber letztendlich kannst du auch komplett deine eigenen Texte schreiben. Du kannst dich bedienen, aber auch komplett dein Ding machen?
MR: Das auf jeden Fall. Ich bin mir sicher, wenn mal ein Post daneben wäre, dann würden sich die entsprechenden Leute melden. Das war bei mir jetzt noch nicht der Fall und deshalb bin da auf einem guten Weg. Und ich denke auch, dass das einfach auch mal passiert, Fehler zu machen. Vielleicht drückt man sich zweideutig aus oder wie auch immer – Fehler passieren. Mir auch. Dann ist mir ganz wichtig, dass man drüber spricht und den Fehler aufzeigt.
Zeitaufwand
ML: Kannst du so eine durchschnittliche Zahl sagen, wie viel Zeit in der Woche du dafür in Anspruch nehmen musst als Corporate Influencer?
MR: An einem Arbeitstag sowohl neben der Arbeitszeit als auch abends. Bestimmt ist es ungefähr eine dreiviertel Stunde pro Tag.
ML: Und das hört Freitag nicht auf?
MR: Nein, nein, ganz im Gegenteil. Samstags und sonntags gehört für mich auch dazu. Ich möchte mich positionieren. Ich möchte, dass die Leute da draußen wissen, für was ich stehe. Da gehört für mich so etwas eben auch dazu. Aber für mich ist auch eine große Triebfeder, dass der Content wirklich ganz kurz und knapp aufbereitet ist. Ich bin ein riesengroßer Fan natürlich von SAP, aber auch Markus Herlin. Er arbeitet zufälligerweise auch bei Hays. Aber die beiden kriegen einfach Vernetzungen und Verlinkungen zwischen Themen hin, wo man einfach nur denkt: „Das kannst du jetzt so nehmen, in Druck geben, und dann passt das.“ Diese lernende Komponente gehört für mich eben auch dazu.
Auswertung
ML: Inwieweit wertet ihr eure Aktivitäten aus?
MR: Natürlich ist es ein Part, der in dieses ganze Programm mit einfließt. Es muss irgendwo messbar gemacht werden, ob das Ganze was bringt. Bei uns sind es auf monatlicher Basis die typischen KPIs oder den Social Selling Index (SSI) auf LinkedIn. Es wird abgefragt, wie viele Follower man hat, wie viele Kommentare man abgegeben hat, wie viele Projektanfragen kamen auch über den Kanal.
Nachteile
ML: Gibt es Nachteile sowohl für dich oder für das Unternehmen?
MR: Nachteile hat es für mich eigentlich überhaupt nicht. Also bisher bin ich noch kein Opfer von Hetze oder sonst irgendwas geworden. Insofern bin ich da komplett unbelastet. Es hat alles nur Vorteile, dass man das eigene Netzwerk hat. Man hat in gewissen Themen sicherlich ein Wissensvorsprung. Dementsprechend ziehe ich keinen negativen Nutzen daraus.
ML: Mir sind aus Zusammenarbeiten bekannt, dass einzelne Personen in den Kommentaren angegangen wurden. Das sind dann Sachen, bei denen Corporate Influencer, denke ich, mal so ins Nachdenken kommen. Aus Unternehmenssicht bin ich eher noch der Meinung, dass es für viele Unternehmen noch viel zu entdecken gibt und überhaupt erst die Möglichkeit der Corporate Influencer zu erkennen. Ich glaube, da kommt noch ganz viel.
Michael, damit an dich ein großes Dankeschön für das Interview.
von Jasmin Müller am 22. Juni 2023